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Hitzige Diskussion zu den neuen bilateralen Verträgen mit der EU in der Aula der Universität Zürich. Während die Gegner vor einer strauchelnden Wirtschaft warnten, unterstrichen die Befürworter die Wichtigkeit des Zugangs zum europäischen Binnenmarkt.
In der geschichtsträchtigen Aula der Universität Zürich, in der Winston Churchill nach dem Ende des zweiten Weltkriegs einst mit dem Aufruf «Let Europe Arise!» einen Zusammenschluss der europäischen Staaten forderte, kreuzten am 4. März Befürworter und Gegner der neuen bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und Europäischen Union (EU), im Beisein des Rektors Prof. Dr. Michael Schaepman die Klingen. Dieser ist überzeugt: Die Schweiz darf «nicht zwischen Stuhl und Bank fallen» und müsse «auf starke Partnerschaften zählen».
Bevor es in der von Daniel Fritzsche (NZZ) moderierten Podiumsdiskussion so richtig hitzig zu und her ging, hielt Staatssekretär Alexandre Fasel in seinem Inputreferat fest: Der bilaterale Weg, den die Schweiz 2002 mit dem Inkrafttreten der Bilateralen I eingeschlagen hat, «ist der Königsweg». «Die massgeschneiderte Lösung» sei die bewährte Europapolitik der Schweiz.
Für die Schweiz mit einem kleinen Binnenmarkt und einer entsprechend starken Exportwirtschaft sei der eigentliche Heimmarkt «der europäische Binnenmarkt», sagte Fasel. Mit den Bilateralen I und II konnte sich die Schweiz ihren Zugang in diesen sichern. Allerdings erodierten die bestehenden Abkommen. «Wir müssen darauf achten, dass die Bilateralen nicht altersschwach, abliegen und dahinscheiden werden.» Dafür müsse die Schweiz die bilateralen Abkommen aufdatieren.
Diese Zielsetzung verfolgt der Bundesrat mit Vertragspaket, dessen Verhandlungen seit Ende Dezember 2024 materiell abgeschlossen sind: Bestehende Binnenmarktabkommen werden stabilisiert, weitere Abkommen und Interessenbereiche weiterentwickelt sowie institutionelle Fragen geregelt.
In der Podiumsdiskussion bekräftigte Dr. Balz Hösly, Rechtsanwalt und Partner bei MME Legal AG und Mitglied des Vorstandes der Zürcher Handelskammer, die Aussagen von Staatssekretär Fasel und meinte: «Schweizer KMU exportieren täglich für mehrere hundert Millionen Franken in die EU.» Diese Unternehmen seien darauf angewiesen, dass ihnen ihr Heimmarkt, die EU, offensteht. «Die Verträge sind das Eintrittsticket der Schweiz in ihren Heimmarkt.»
Selbstredend sieht dies SVP-Nationalrätin und EMS-Chefin Magdalena Martullo-Blocher anders. Sie lehnt den «Unterwerfungsvertrag», wie sie ihn nennt, klar ab. Die Schweiz müsse in all den im Vertragspaket enthaltenen Abkommen EU-Recht übernehmen; das Heutige sowie das Künftige.
Martullo-Blocher verwies dabei auf die deutsche Wirtschaft, die unter anderem aufgrund der EU-Regulierungsflut strauchle und mit Schlagzeilen von Massenentlassungen und Abwanderungen Schlagzeilen mache. Rhetorisch fragte sie: «Wollen wir wirtschaftlich wirklich so dastehen wie die EU?».
Für Balz Halter, Verwaltungsratspräsident der Halter Gruppe, ist indes klar: «Die Welt ist grösser als die EU.» Die Schweiz solle ihre ohnehin schon sehr guten Rahmenbedingungen und Standortvorteile weiter verbessern. «Diesen Vorteil, dass wir unsere Rahmenbedingungen selbst bestimmen können, dürfen wir nicht aus der Hand geben.»
Auf Alternativen zum Vertragspaket angesprochen, nennt Martullo-Blocher den Freihandel; namentlich das Freihandelsabkommen der Schweiz mit der EU von 1972. Dieses habe sich «sehr bewährt».
Daraufhin entgegnete Silvan Wildhaber, CEO der Filtex AG: «Das Nokia bewährte sich auch. Trotzdem hat es heute niemand mehr.» Die Schweiz brauche bilaterale Verträge, die den Marktzugang sichern und nicht nur Abkommen, welche den Freihandel gewährleisten. Die Bilateralen seien für ihn aber nicht nur wegen des Marktzugangs zur EU von entscheidender Bedeutung, sondern auch als gesellschaftliches Projekt. «Als Humanist finde ich, dass wir uns in Europa freundnachbarschaftlich begegnen sollten», sagte er.
Als Beispiel fügte Balz Hösly das kürzlich abgeschlossene Freihandelsabkommen mit Indien an: «Mit diesem Freihandelsabkommen haben wir noch lange keinen freien Marktzugang in Indien.» Zwar seien die Zölle gefallen. Die indischen Produktrichtlinien müssten aufgrund fehlender staatsvertraglicher Vereinbarungen (Mutual Recognition Agreements – MRA) aber trotzdem eingehalten werden.
Hösly schlussfolgert: «Mit dem Vertragspaket sichert sich die Schweiz den Zugang zum Heimmarkt EU. Damit stellen wir die Weichen, dass weiterhin in der Schweiz produziert und aus ihr exportiert werden kann.»
Ähnliches brachte auch Prof. Dr. Stefanie Walter, Professorin für internationale Beziehungen und politische Ökonomie, ein. Die Vorteile des freien Marktzuganges seien mit Freihandelsabkommen nicht zu erreichen. So zeigten Studien, dass nach dem Brexit, dem Austritt Grossbritanniens aus der EU, über 10'000 Unternehmen nicht mehr in die EU exportieren. Der Grund sei so einfach wie besorgniserregend: «Die Regulierungshürden können nicht mehr finanziert werden». Diese Risiken bestünden auch in der Schweiz; «insbesondere für KMU».
So fragte auch Dr. Karin Lenzlinger, Präsidentin der Zürcher Handelskammer, in ihrer Schlussansprache: «Was wird uns den künftigen Wohlstand langfristig sichern? Der Status quo oder die neuen Verträge?» Nach heutigem Wissensstand seien es die neuen Verträge. Diese seien zuverlässiger, effizienter und kalkulierbarer als der heutige Zustand. Auch wenn die Verträge nicht in jeder Hinsicht perfekt seien, brauche die Schweiz ein geregeltes Verhältnis zur EU.