«Zürich ist der Wirtschaftsmotor der Schweiz – aber wir dürfen uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen.» Mit diesen klaren Worten eröffnete Raphaël Tschanz, Direktor der Zürcher Handelskammer, die Veranstaltung «Zürich 2030» vor über 50 Gästen in der Bar am Wasser in Zürich. Angesichts geopolitischer Spannungen, einer alternden Gesellschaft und zunehmender Regulierung sei es unerlässlich, die Rahmenbedingungen im Inland gezielt zu verbessern: «Wenn unsere Exporte teurer werden, müssen wir umso mehr dafür sorgen, dass die Standortbedingungen in Zürich überzeugen.»
Dabei stellte Tschanz klar: Die Steuervorlage 17 ist eine zentrale Vorlage für den Standort Zürich. Tschanz rief die Anwesenden zur Mobilisierung auf, die besonders wichtig sei, da am 18. Mai keine nationale Vorlage an die Urne komme, die Sogwirkung entfalte. «Es braucht jetzt das Engagement aller.»
Ein Standort mit Ambition
Regierungsrätin Carmen Walker Späh betonte in ihrem Referat, dass der Kanton Zürich sich ambitionierte Ziele gesetzt habe. «Wir wollen Europas führender KI-Standort werden. Einfach gut zu sein, reicht nicht mehr – wir müssen besser sein», sagte die Volkswirtschaftsdirektorin. Dazu werde der Kanton gezielt in vier Handlungsfelder investieren. Konkret nannte sie als Prioritäten ein international konkurrenzfähiges KI-Ökosystem, gesellschaftlichen Dialog zur KI, regulatorische Experimentierräume («Sandboxes») und Bildungsoffensiven zur Stärkung digitaler Kompetenzen.
Regierungsrätin Walker Späh sprach zudem offen die demografischen Herausforderungen an: «Wir sind eine alternde Gesellschaft – aber es scheint noch nicht angekommen zu sein. Wir werden lernen müssen, länger und vielleicht auch mehr zu arbeiten.» In Bezug auf die Steuervorlage 17 betonte auch sie, dass der Handlungsbedarf gross sei. Im schweizweiten Vergleich sei Zürich vom Mittelfeld an den Schluss der Rangliste zurückgefallen – nur der Kanton Bern besteuert Unternehmen höher als Zürich. Die Volkswirtschaftsdirektorin sieht in einem Ja zur Steuervorlage 17 auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Leistung der Unternehmen. «Wenn wir sagen, ein Prozent Steuerreduktion sei nicht möglich, ist das für mich Ausdruck mangelnder Anerkennung für das, was die Unternehmen leisten.»
Mehr Mut, weniger Regulierung
In der anschliessenden Podiumsdiskussion diskutierten Theo Schaub, Verwaltungsratspräsident der Schaub Maler AG, und Raphael Tobler, Unternehmer und Präsident der Swiss Startup Association, gemeinsam mit Carmen Walker Späh die Herausforderungen bis 2030. Beide Unternehmer betonten die zentrale Bedeutung von Bildung und Flexibilität: «Das duale Bildungssystem ist unser Trumpf – wir müssen es noch stärker fördern, damit wir nicht in eine Zweiklassengesellschaft rutschen», sagte Raphael Tobler. Und Schaub ergänzte: «Vom Angelernten zum Malermeister – solche Wege gibt es nur in der Schweiz.»
Scharf fiel die Kritik an zunehmender Bürokratie aus. Theo Schaub sagte: «Zwei Prozent kann man immer einsparen – das weiss jeder Unternehmer. Es braucht mehr Mut und weniger Regulierung.» Raphael Tobler meinte: «Grundsätzlich bin ich immer froh, wenn sich die Politik nicht zu sehr einmischt.»
Auch die Beziehungen zur EU kamen zur Sprache. Tobler unterstrich: «Die Beziehungen zu Europa sind essenziel, die Zusammenarbeit ist wichtig. Die Zölle sind vielleicht ein Weckruf für Europa zu zeigen, dass man sich nicht nur auf die USA verlassen kann.»
Die von der Volkwirtschaftsdirektorin formulierten Ambitionen teilten Theo Schaub und Raphael Tobler. Letzterer sagte, dass dank dem technologischen Wandel vielleicht bald Firmen mit zehn Mitarbeitenden 10 Milliarden Franken Umsatz machten. «Diese Firmen wollen wir in Zürich haben.» Theo Schaub unterstrich dies – auch in Bezug auf die schlechte Position Zürichs bei der Unternehmensbesteuerung: «Das Mittelfeld ist nicht genug. Unter einem Medaillenplatz treten wir nicht an.»
Zum Abschluss richtete Walker Späh einen Appell an die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Bar am Wasser: «Engagieren Sie sich persönlich – auch im Abstimmungskampf zur Steuervorlage 17. Ich wünsche mir mehr Wirtschaftsvertreterinnen und Wirtschaftsvertreter, die hinstehen und sich einbringen – nicht nur in Sitzungszimmern, sondern sichtbar in der öffentlichen Debatte.»