Mit grosser Genugtuung nimmt die Zürcher Handelskammer das Abstim-mungsergebnis vom 19. Mai zur Kenntnis. Die Annahme der Steuervorlage bringt Rechtssicherheit für in der Schweiz ansässige ausländische Unternehmen und verhindert einen Massenexodus von ehemaligen Statusgesellschaften. Diese generieren für den Bund Unternehmenssteuererträge von rund sechs Milliarden Franken, finanzieren mit geschätzten acht Milliarden Franken die Hälfte der privaten Forschung und Entwicklung und beschäftigen mehr als 100 000 Menschen.
Mit der Annahme der Steuerreform auf Bundesebene ist jedoch nur der erste Schritt getan. Nun liegt es an den Kantonen, die neuen Bestimmungen umzusetzen und den vom Bund gesteckten Rahmen zur Neuausrichtung der eigenen Steuerpolitik auszufüllen. Da die Zeit drängt, warten die meisten Kantone mit bereits ausgehandelten Umsetzungsvorschlägen auf, so auch der Kanton Zürich. Am 1. April 2019 hat der Kantonsrat die kantonale Umsetzungsvorlage verabschiedet, welche dem obligatorischen Referendum unterliegt. Die Volksabstimmung wird in diesem Herbst, voraussichtlich am 1. September, stattfinden.
Keine einfache Ausgangslage
Für Zürich ist die Ausgangslage keine einfache. Im Zürcher Steuerbelastungsmonitor 2018 der Finanzdirekti-on belegt der Kanton Zürich bei der Unternehmensbesteuerung den 22. Platz unter allen Kantonen. Seit 2006 hat er neun Plätze eingebüsst. Die Position wird sich weiter verschlechtern, weil die ebenfalls im hinteren Drittel rangierten Wirtschaftskantone Waadt, Basel-Stadt und Genf starke Gewinnsteuersenkungen beschlossen haben. Zürich kann da nicht mithalten, denn die damit verbundenen Steuerausfälle wären zu hoch. Umso mehr ist Handeln angezeigt. ZHK-Direktorin Regine Sauter stellt klar: «Der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen spielt. Das ist auch gut so, hat dies doch zur Folge, dass die Kantone ihre Position laufend überdenken und sich darum bemühen müssen, ihre Attraktivität zu erhalten».
Massgeschneiderte Zürcher Lösung
Das mit der Bundes-Steuervorlage eingeführte Instrumentarium für gezielte steuerliche Anreize ist für Zürich besonders nützlich. Die vom Kantonsrat verabschiedete Vorlage macht denn auch von diesen fakultativen Massnahmen im maximalen Umfang Gebrauch. Es sind dies der Abzug für Eigenfinanzierung, ein Zusatzabzug für Forschungs- und Entwicklungsaufwand sowie die sogenannte Patentbox. Die gesamte Entlastung dieser Instrumente wird auf 70 Prozent begrenzt. Diese Eckwerte sind genauso Bestandteil eines grossen Kompromisses zwischen dem Kanton und den Gemeinden wie eine moderate und etappierte Senkung des Gewinnsteuersatzes: In einem ersten Schritt soll der Satz von 8 Prozent auf 7 Prozent per 1. Januar 2021 gesenkt werden. Die Gewinnsteuerbelastung würde damit von 21.1 Prozent auf 19.7 Prozent sinken. Die Gemeinden werden für die drohenden Einnahmeausfälle vom Kanton weitgehend entschädigt. Mit einer Erhöhung des Kantonsanteils bei den Zusatzleistungen fand zudem eine soziale Kompensationsmassnahme Eingang in die Vorlage.
Mit dieser moderaten kantonalen Umsetzungsstrategie wird sich der Kanton Zürich zwar im innerkantona-len Steuerbelastungsvergleich nicht beträchtlich verbessern können. Die ZHK hätte sich durchaus eine weiter-gehende Senkung des Gewinnsteuer-satzes vorstellen können. Gleichwohl wird der Kanton damit seine Attraktivität als Unternehmensstandort – die Steuerbelastung ist ein wichtiger Standortfaktor unter vielen – einiger-massen wahren können. Voraussetzung dafür ist, dass das Zürcher Stimmvolk auch dazu Ja sagt.
Zürcher Stimmvolk noch einmal überzeugen
Auch wenn die Zürcherinnen und Zürcher am 19. Mai der eidgenössischen Steuerreform mit 66 Prozent zugestimmt haben, ist die kantonale Umsetzung bei weitem noch nicht in trockenen Tüchern. Viel mehr ist mit stärkerem Gegenwind von rotgrüner Seite zu rechnen, obwohl mit der Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch und Stadtrat Daniel Leupi zwei prominente Vertreter des links-grünen Lagers für ein Ja einstehen. Gefragt sind insbesondere auch Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, die sich im Abstimmungskampf aktiv einbringen.
Das Zürcher Stimmvolk wird sich im Herbst ein weiteres Mal zur Steuerreform äussern können. Die anstehende kantonale Umsetzung ist der logische zweite Schritt in der Modernisierung der Unternehmensbesteuerung. Der Kanton Zürich kann so steuerlich wettbewerbsfähig bleiben ohne beträchtliche Einbussen in den Fiskaleinnahmen hinnehmen zu müssen.