Auch wenn sich die Schweizer Wirtschaft von der Corona-Pandemie insgesamt gut erholt hat, gerät der Wirtschaftsstandort zunehmend unter Druck – sei es aufgrund von zunehmend wirtschaftsfeindlichen Initiativen und Referenden oder verschärftem nationalen und internationalen Wettbewerb, wie bspw. im Steuerbereich. Gerade deswegen ist der Einsatz der ZHK für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Zürich auf allen staatspolitischen Ebenen auch 2022 von grosser Bedeutung.
Schädliche staatliche Eingriffe auf kommunaler Ebene
Gleich über zwei staatliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt wird die Stadtzürcher Stimmbevölkerung demnächst an der Urne befinden:
Mindestlohninitiative
Ein Bündnis bestehend aus Hilfswerken, Gewerkschaften, der SP, den Grünen und der AL lancierte am 16. Juni 2020 drei kommunale Volksinitiativen, welche für alle Arbeitnehmenden in den Städten Zürich, Kloten und Winterthur eine Lohnuntergrenze von 23 Franken pro Stunde fordern. Die Stimmbürgerinnen und -bürger der Stadt Kloten haben die Initiative im November 2021 nur knapp abgelehnt. In Winterthur und Zürich kommt dieselbe Forderung wohl noch dieses Jahr zur Abstimmung, wobei zurzeit noch ein Gegenvorschlag in Arbeit ist. Es ist indessen nicht die Aufgabe des Staates, die Höhe der Löhne pauschal festzulegen. Der Lohn ergibt sich aus individuellen Verhandlungen zwischen Arbeitgebenden und -nehmenden. Ausserdem legen allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge bereits heute für viele Betriebe und Branchen einen Mindestlohn fest. Diese Verträge wurden von den Sozialpartnern mit entsprechendem Branchenwissen ausgehandelt. Undifferenzierte staatliche Lohneingriffe würden diese bewährten sozialpartnerschaftlichen Lösungen aushöhlen und bergen das Risiko von negativen Beschäftigungseffekten. Schwächeren wird dadurch nicht geholfen. Aus diesen Gründen lehnt die ZHK die Initiativen klar ab.
Pilotversuch zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens
Ebenfalls noch in diesem Jahr könnte eine kommunale Volksinitiative in der Stadt Zürich, mit der ein "wissenschaftlicher Pilotversuch" zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens gefordert wird, an die Urne kommen. Der Stadtrat hat sich gegen diese Volksinitiative ausgesprochen, was zu begrüssen ist. Die ZHK lehnt ein bedingungsloses Grundeinkommen grundsätzlich ab, weil dadurch ein Leben ohne Erwerbstätigkeit finanzierbar würde. Damit sinkt der Anreiz, ins Erwerbsleben einzusteigen oder Geld und Zeit in eine Ausbildung zu investieren. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde zudem zu hohen Kosten führen, was die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes reduzieren würde. Sinkt dadurch die Wirtschaftsleistung, könnte das Grundeinkommen nur über noch höhere Steuern finanziert werden – eine Abwärtsspirale setzt ein.
Wirtschaftsfeindliche Volkinitiativen auf kantonaler Ebene
Elternzeitinitiative
Auch auf kantonaler Ebene setzt sich die ZHK vehement gegen zwei wirtschaftsfeindliche Volksinitiativen ein. Die am 15. Mai 2022 zur Abstimmung gelangende Elternzeit-Initiative verlangt, den Mutterschafts- sowie Vaterschaftsurlaub für jeden erwerbstätigen Elternteil auf je 18 Wochen auszudehnen. Für die ZHK ist klar: Grundsätzlich kann eine gemeinsame Elternzeit zwar die fortschrittlichere Lösung als ein Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub sein, allerdings sprengt eine derartige Ausdehnung des Urlaubs den für die Unternehmen zumutbaren Rahmen. Ein kantonaler Alleingang bei der Elternzeit würde zudem dem Wirtschafts- und Innovationsstandort Zürich gegenüber anderen Kantonen, welche keine umfassende Elternzeit kennen, schaden.
Initiative für Erhöhung der Dividendensteuer
Schädlich für den Wirtschaftsstandort wäre ebenfalls eine kantonale Volksinitiative der AL. Diese fordert, dass "Grossaktionäre", die mehr als zehn Prozent an einer AG oder GmbH besitzen, neu 70 Prozent ihrer Dividenden versteuern müssten. Bislang liegt der steuerbare Anteil im Kanton Zürich bei 50 Prozent. Eine Erhöhung der Dividendensteuern würde den Kanton für Unternehmen unattraktiver machen – bedenkt man, dass alle Nachbarkantone, mit Ausnahme des Kantons St. Gallen, einen Steuersatz von 50 oder 60 Prozent haben. Jedoch liegen die tatsächlichen Gewinnsteuersätze dieser Kantone teils massiv tiefer als im Kanton Zürich. Anders als von den Initianten gewollt, würde diese Volksinitiative zudem nicht nur Grossunternehmen stark belasten – die allermeisten "Grossaktionäre" sind nämlich Inhaberinnen und Inhaber von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Die Initiative ist zurzeit beim Kantonsrat hängig, kommt sie zur Abstimmung, wird sich die ZHK entschieden dagegen einsetzen.
Richtungsweisende Abstimmungen auf Bundesebene
Teilabschaffung der Verrechnungssteuer
Auf Bundesebene stehen dieses Jahr unter anderem zwei richtungsweisende Abstimmungen für die Wirtschaft an. Nachdem im Februar bereits über die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital abgestimmt wurde, gelangt voraussichtlich im Herbst das Referendum gegen die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer (Zinszahlungen auf inländischen Obligationen) an die Urne. Gerade im Hinblick auf den internationalen Steuerwettbewerb – Stichwort OECD Steuerreform – ist diese Abstimmung überaus wichtig für den Wirtschaftsstandort Schweiz. In Anbetracht des schwindenden Vorsprungs der Schweiz auf andere Staaten in Bezug auf die Gewinnsteuern birgt die Reform der Verrechnungssteuer das Potential, die Standortattraktivität der Schweiz zu steigern. Soll die wirtschaftliche Substanz in der Schweiz erhalten und das Steuersubstrat verteidigt werden, müssen nämlich bestehende Wettbewerbsnachteile in anderen Steuerbereichen abgebaut werden. Die Verrechnungssteuer steht dabei im Fokus, denn hier, im Gegensatz zur Gewinnsteuer, hat die Schweiz Gestaltungsspielraum.
AHV-Reform
Auch die zweite wichtige Vorlage, über welche noch dieses Jahr abgestimmt wird, ist langfristig für die Wirtschaft von hoher Wichtigkeit. Es handelt sich dabei um die AHV-Reform, welche einerseits über eine Anpassung des Rentenalters von Frauen und Männern andererseits eine minimale Erhöhung der Mehrwertsteuer eine mittelfristige Sicherung der ersten Säule bezweckt. Die ZHK setzt sich klar für die Reform ein, welche einen ersten Schritt zu einer Stabilisierung der finanziellen Lage der staatlichen Altersvorsorge bedeutet und damit auch für die Wirtschaft wichtig ist. Ohne Reformen drohen der AHV bereits in den nächsten Jahren rote Zahlen und der rasche Verlust des heutigen Kapitalstocks.