130 Mitgliedländer des Inclusive Framework der OECD einigten sich anfangs Juli auf die Eckwerte zur künftigen Besteuerung von grossen, international tätigen Unternehmen. Kurz darauf stimmten auch die Finanzminister und Notenbankchefs der G-20 diesen Eckwerten zu. Konkret umfasst die Reform zwei Säulen. Einerseits sollen Steuern nicht mehr automatisch nur am Unternehmensstandort anfallen, sondern auch dort, wo Umsätze und Gewinne effektiv erzielt werden. Die Regelung richtet sich an Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von über 20 Milliarden Euro und einer Gewinnmarge von über 10 Prozent. In der Schweiz wäre davon nur eine kleine Anzahl von Firmen betroffen. Andererseits soll eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent für international tätige Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro eingeführt werden. Darunter würden rund 200 Unternehmen und zusätzlich eine Vielzahl von Schweizer Tochtergesellschaften fallen.
OECD-Steuerreform bremst den Steuerwettbewerb aus
Die im Rahmen der ersten Säule vorgesehenen Massnahmen würden in der Schweiz zu tieferen Steuereinnahmen führen, da die Schweiz nur einen kleinen Heimmarkt aufweist und daher zukünftig ein Teil der Steuern in Länder mit vielen Konsumentinnen und Konsumenten abfliessen würde. Längerfristig würde die Schweiz, als bisher beliebter Standort für Konzernhauptsitze, zusätzlich an steuerlicher Attraktivität verlieren, da nicht mehr allein tiefe Steuern am Hauptsitz die Steuerbelastung eines Konzerns bestimmen. Dies schwächt einen wichtigen Standortvorteil der Schweiz. Bei Einführung einer Mindeststeuer von 15 Prozent, wie es die zweite Säule vorsieht, würden insbesondere Kantone, welche sich bisher über tiefe Steuern unter 15 Prozent profiliierten, ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal verlieren. Insgesamt bremst die OECD-Steuerreform den internationalen Steuerwettbewerb aus. Die verschiedenen Staaten sowie die Schweizer Kantone würden bei der Gewinnsteuer näher zusammenrücken und der Standortwettbewerb würde sich auf andere Bereiche inner- und ausserhalb des Steuersystems verlagern. Hier befinden sich zwar sowohl die Schweiz als auch der Kanton Zürich in einer guten Position, um diese aber nicht zu verlieren, sind kontinuierliche Verbesserungen angezeigt.
Reformen bei der Verrechnungssteuer und den Stempelabgaben sind von hoher Wichtigkeit
In Anbetracht des schwindenden Vorsprungs der Schweiz auf andere Staaten in Bezug auf die Gewinnsteuern bergen besonders Reformen bei der Verrechnungssteuer und den Stempelabgaben das Potential, die Standortattraktivität der Schweiz zu steigern. Da es sich bei diesen Steuern um Eigenheiten des Schweizer Steuersystem handelt, können sie unabhängig von internationalen Vorgaben angepasst werden. Das heutige System aus Verrechnungssteuer und Stempelabgaben erschwert die Finanzierung von Unternehmen, was dazu führt, dass entsprechende Aktivitäten im Ausland stattfinden. Mit den nun vorgesehenen Änderungen könnte dieser Trend umgekehrt werden und die Schweiz für Unternehmen und ihre Finanzierungsaktivitäten attraktiver gemacht werden.
Kanton Zürich hat Handlungsbedarf bei der Besteuerung von sehr hohen Einkommen
Auf kantonaler Ebene stellt die Besteuerung von hohen und sehr hohen Einkommen ein grosser steuerlicher Schwachpunkt von Zürich dar. So hält der Zürcher Steuerbelastungsmonitor 2020 von BAK Economics im Auftrag der Finanzdirektion des Kantons Zürich fest, dass die Steuerlast dieser Einkommen in der Stadt Zürich im Vergleich zu anderen Kantonshauptorten relativ hoch ist. Vor dem Hintergrund der OECD-Steuerreform ist es nun zudem durchaus möglich, dass Kantone, welche sich bei der Einführung einer Mindeststeuer nicht mehr durch tiefe Gewinnsteuern abheben können, weitere steuerliche Erleichterungen für sehr hohe Einkommen beschliessen, um damit mobile ausländische Arbeitnehmer anzuziehen. Dies würde den Kanton Zürich im interkantonalen Vergleich noch weiter zurückwerfen, was es dringend zu verhindern gilt.