Nicht alles ist Service Public

Leistungen der öffentlichen Hand für die Allgemeinheit haben ihre Berechtigung. Sie müssen aber laufend kritisch beurteilt werden. Nicht alles ist wirklich Sache des Staates.

 

Mit einer gewissen Regelmässigkeit werden in unserem Land Debatten über den „Service Public“ geführt – Diskussionen darüber, welche Leistungen in welchem Umfang und welcher Qualität die öffentliche Hand für die Allgemeinheit bereitzustellen habe. Die Ansichten darüber gehen naturgemäss auseinander. Ja nach politischer Haltung wird der staatliche Auftrag umfassender definiert oder aber gefordert, dass er vermehrt dem Wettbewerb durch Private ausgesetzt sein soll. Für die einen bedeutet Service Public eine Zugsstrecke bis ins hinterste Bergtal, die im Viertelstundentakt bedient wird, oder eine Poststelle in jeder 100-Seelen-Gemeinde. Für die anderen reicht eine blosse Grundversorgung, die Konzentration auf eine Kernaufgabe – einmal pro Tag Post zustellen, zum Beispiel.

Öffentliche Unternehmen im Fokus

Aus aktuellem Anlass werden solche Diskussionen bezüglich Swisscom, SBB oder Postauto geführt. Die sich zur Hälft im Eigentum der Eidgenossenschaft befindende Swisscom liess zu Beginn des Jahres viele KMUs im Stich und musste zudem Rechenschaft über ein grosses Datenleck ablegen. Die Postauto AG als sprichwörtliche Verkörperung des Service Public wird gerade von einem Subventionsskandal erschüttert. Bezüglich des öffentlichen Verkehrs im allgemeinen werden Vor- und Nachteile verschiedener Finanzierungsmodelle respektive die Zumutbarkeit von höheren Billetpreisen erörtert. Diese Beispiele zeigen, dass „Service Public“ nicht eine für die Ewigkeit definierte Grösse ist. Bedürfnisse ändern sich, technologische Voraussetzungen ändern sich.  

Konstante Diskussionen darüber, inwiefern überall der Staat der richtige Anbieter ist, wie sinnvoll seine Beteiligung an Dienstleistungen ist und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, sind deshalb richtig und zwingend. Dabei können und sollen zur Beurteilung dieser Fragen durchaus unterschiedlichste Aspekte berücksichtigt werden. In einem Land wie der Schweiz mit ihrer geographischen, sprachlichen und kulturellen Vielfalt ist es beispielsweise aus staatspolitischen Überlegungen und zur Förderung des inneren Zusammenhalts durchaus legitim, nicht nur ökonomische sondern auch ideelle Kriterien zu berücksichtigen. Und auch aus Sicht des Wirtschaftsstandortes ist eine gute und zuverlässige Infrastruktur essentiell. Funktionierende Kommunikations- und Verkehrswege sind unerlässliche Voraussetzungen für die Erbringung von wirtschaftlichen Leistungen.

Staat nur, wo nötig

Der Staat kann und soll somit eine Funktion haben, und die Wirtschaft ist auch bereit, ihren Beitrag dazu zu leisten. Wichtig sind aber klare Regeln, die zudem neu definiert werden müssen: Dort wo ein Privater die Bedürfnisse der Kunden besser erfüllen kann – Stichwort Fernbusse – ist ihm die Möglichkeit dazu zu eröffnen. Aus Angst vor Konkurrenz dies gleich zu verbieten, ist verfehlt. Dort, wo ein funktionierender Wettbewerb besteht, bei der Telekommunikation z.B., ist eine Beteiligung der öffentlichen Hand in Frage zu stellen. Dort hingegen, wo aus politischen Gründen ein Angebot durch den Staat befürwortet wird, sind höchste Ansprüche an dessen Zuverlässigkeit und Integrität zu stellen. Denn nur dafür ist die Öffentlichkeit auch bereit, zu bezahlen. 

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