Am Standort Zürich hatte die Business Aviation in letzter Zeit einen schweren Stand. In der Diskussion über das Flugplatzareal Dübendorf wurde die Geschäftsluftfahrt kontrovers diskutiert, sie erhielt viele Vorurteile angeheftet – die geplante Verlagerung vom Flughafen Zürich scheiterte. Doch welche Bedeutung hat die Business Aviation für den Wirtschaftsstandort Zürich? Wer nutzt Geschäftsluftfahrt? Welche Rolle kann sie in der Ökologisierung der Luftfahrt spielen? Solche sachlichen Debatten fanden kaum statt. Umso wichtiger ist aus Sicht der Zürcher Handelskammer, dass die aktuelle «Business Aviation Study Switzerland 2022» einige interessante Befunde zu diesen Fragen liefert. Verfasst hat die Studie die Logistics Advisory Experts GmbH (Ludwig Häberle, Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, Tim Felix Sivers). Auftraggeber war die Swiss Business Aviation Association.
Boom während der Corona-Pandemie
Die Studie zeigt zweierlei: Zum einen ist die Bedeutung der Geschäfts-Luftfahrt für den Standort und dessen Attraktivität enorm wichtig. Zum anderen ist ihre Rolle in der Ökologisierung der Luftfahrt interessant: Innovationen bezüglich nachhaltiger Technologien werden laut den Studienautoren oft zuerst in kleineren Business Jets implementiert. So könne die Geschäftsluftfahrt eine Pionierrolle bei der Etablierung technologischer Innovationen einnehmen.
Auch die nüchternen Zahlen lassen sich sehen: Schweizweit beträgt die jährliche Wirtschaftsleistung der Geschäftsluftfahrt laut der Studie 15 Milliarden Franken, rund 35'000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt an ihr. Im Jahr 2021 waren schweizweit fast 100'000 Flugbewegungen der Geschäftsluftfahrt zu verzeichnen – mehr als 2019. In der Pandemie hat die Business Aviation folglich einen beträchtlichen Anteil daran, dass die internationale Konnektivität der Schweiz gesichert werden konnte.
Für die Wirtschaftsentwicklung Zürichs stellt die Business Aviation eine wichtige Triebkraft dar. Dank ihrer Effizienz und dem Umstand, dass rund 90 Prozent ihrer Flugrouten kaum per Linienflug gebucht werden können, ist sie attraktiv für Privatpersonen, Sales- und Managementteams von grossen Unternehmen, für Regierungen, Wohltätigkeitsorganisationen und andere supranationalen Verbünden oder für medizinische Notfälle.
Lösung in Zürich gefordert
Das Beispiel des Flughafens Payerne zeigt, wie stark eine gute regionale Einbindung der Business Aviation die Wirtschaft ankurbeln kann. Nachdem der Flughafen neben dem militärischen Betrieb auch für die zivile Luftfahrt geöffnet wurde, zeigt sich ein Anstieg der Geschäftsflüge von 763 Prozent im Jahr 2021 gegenüber 2016. Diese Entwicklung geht einher mit der Ansiedlung neuer Unternehmen und der Schaffung hunderter Arbeitsplätze vor Ort.
Umso wichtiger ist vor dem Hintergrund dieser Fakten für die ZHK, dass in Zürich eine langfristige Lösung für die Business Aviation gefunden ist. Einerseits ist die Diskussion dringend zu versachlichen – gerade die Pionierrolle der Business Aviation in Sachen Ökologisierung der Luftfahrt ist als Chance zu betrachten. Zum anderen müssen Lösungen dafür werden, wo sie im Wirtschaftsraum Zürich langfristig beheimatet ist. Aktuell zählt der Flughafen Zürich zu den Top 4 Standorten für Business Aviation in Europa. Zu erwarten ist aber, dass sie am Landesflughafen mit der Zeit verdrängt wird. Wenn der Verkehr wieder anzieht, wird es eng – und der Linienverkehr hat gegenüber der Business Aviation Priorität. Angesichts der Bedeutung dieses Segments für den Standort Zürich darf dies nicht taten- und planlos erfolgen. asü