In der Juli/August Ausgabe der „Stimme der Wirtschaft“ haben wir in einem Hintergrundartikel den global neu aufgeflammten Protektionismus kritisiert und die Gefahren für die Schweizer Wirtschaft thematisiert. Die Befürchtung, dass Schweizer Unternehmen vor allem jene Handelsschranken zu spüren bekommen, welche die EU als „Gegenmassnahmen“ zur US-Zollpolitik lanciert, hat sich nun im Fall von Stahl bewahrheitet. Die Schweiz ist von den neuen Importzöllen auf überschüssige Stahlmengen direkt betroffen – im Gegensatz zu den EWR-Mitgliedstaaten Norwegen, Island und Liechtenstein, die davon ausgenommen sind.
Zölle wie in den USA
Laut einer Ankündigung im Juli führt die EU Zölle auf diejenigen Stahlmengen ein, welche das durchschnittliche Volumen der Stahlimporte in die EU der vergangenen drei Jahre überschreiten. Wenn dieses Volumen erreicht ist, gilt ein Zollsatz von 25 Prozent. Von diesem Schutzzoll sind die gleichen 23 Stahlsorten betroffen, auf welche die USA im März Zölle von 25 Prozent erhoben haben. Die EU begründet diese Massnahmen damit, dass sich die EU gegen die Umleitung von eigentlich für die USA bestimmten Stahlmengen auf den europäischen Binnenmarkt schützen müsse. Die Branche in der EU leide bereits unter einem weltweiten Überangebot an Stahl. Der neue Schutzzoll dauert provisorisch 200 Tage. Danach könne er dauerhaft erlassen werden.
Schweizer Unternehmen diskriminiert
Schweizer Unternehmen waren bereits von den Überwachungsmassnahmen erfasst worden, welche die EU im April 2016 beschlossen und später verschärft hatte. Diese bedeuten einen höheren administrativen Aufwand für die Schweizer Exporteure. Mittels Interpellation (16.3508) hatte ZHK-Direktorin und Nationalrätin Regine Sauter im Sommer 2016 auf das Problem hingewiesen. Wie sich gezeigt hat, haben die darauffolgenden Interventionen des Bundesrats bei der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten kaum etwas bewirkt. Gegen die nun erlassenen Schutzzölle dürfte die Schweiz ebenfalls nichts ausrichten können. Immerhin scheinen allfällige US-Strafzölle auf EU-Automobile vorläufig vom Tisch zu sein, was auch im Interesse der Schweiz als wichtiger Automobilzulieferer ist. Die EU und die USA haben Ende Juli gemeinsam erklärt, Importzölle auf Industriegüter gegenseitig abbauen zu wollen. Bei dieser im Sinne einer Handelsliberalisierung erfreulichen Neuigkeit muss die Schweiz darauf bedacht sein, nicht erneut diskriminiert zu werden.