Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat in den vergangenen Jahren ihre Bilanz stetig vergrössert. Von 50 bis 70 Milliarden Franken vor der Weltwirtschaftskrise 2008 ist die Bilanz auf inzwischen rund 800 Milliarden angewachsen, wie SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg im Lunch-Talk der Zürcher Handelskammer (ZHK) am Dienstag erläuterte. Das schaffe neue Herausforderungen. So schwankten die Gewinne – und Verluste – stark. Zudem habe die Nationalbank ihre Anlageklassen ausweiten müssen. Inzwischen seien bereits 20 Prozent in Aktien investiert. „Wir sind ein ziemlich grosser Aktionär bei den meisten Unternehmen der Welt“, so Zurbrügg. Damit stellten sich Fragen, in welche Unternehmen investiert werden könne. Die SNB müsse aus geldpolitischer Sicht ihre Anlagen möglichst weit streuen, schliesse aber bestimmte Unternehmen aus. Dazu zählten jene, die international geächtete Waffen herstellen, grundlegende Menschenrechte verletzen oder die Umwelt gravierend verschmutzen. Die Hauptaufgabe der SNB bestehe darin, die Preisstabilität zu sichern. Um sie zu erfüllen, müsse sie unabhängig entscheiden können, so wie das in der Verfassung verankert sei.
Rudolf Minsch wies darauf hin, dass diese Unabhängigkeit der Nationalbank durch verschiedene Vorstösse in Frage gestellt werde. Er nannte die Forderungen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes nach einem festen Wechselkurs zum Euro oder diejenigen nach Einrichtung eines Staatsfonds mit den Devisenreserven der Nationalbank. Gegen solche Vorstösse müsse man „entschieden antreten“, so der Chefökonom von economiesuisse. Auch die Vollgeldinitiative ziele in diese Richtung, selbst wenn sie „intellektuell anregend“ sei, so Minsch. Die Initiative wolle ein historisch einmaliges volkswirtschaftliches Experiment einleiten, das die Kreditvergabe erschweren, den Kleinkunden höhere Kosten aufbürden und die Unabhängigkeit der Nationalbank gefährden würde.
ZHK-Direktorin Regine Sauter wies darauf hin, dass die Schweiz mit der Unabhängigkeit der Nationalbank gut gefahren sei. „Der Schweizer Volkswirtschaft geht es gut.“ Die Geldpolitik habe zu dieser Stabilität beigetragen, so die Zürcher FDP-Nationalrätin.
Einig waren sich Zurbrügg und Minsch auch in der Beurteilung der Kryptowährungen. „Bitcoin hat keine Zukunft“, sagte Minsch. Aber die zugrunde liegenden Blockchain-Technologien seien interessant. Bitcoin sei keine Konkurrenz zu den klassischen Währungen, so auch Zurbrügg. Eine digitale Zentralbankwährung sei nicht nötig. Aber die entsprechenden Technologien müsse man verfolgen. Dennoch sieht er regulatorischen Handlungsbedarf: „Es darf nicht sein, dass Bitcoin weniger reguliert wird als Bargeld“, so der SNB-Vizepräsident. stk