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Als einziger Schweizer Stärkeproduzent geriet die Blattmann Schweiz AG kürzlich durch veränderte Zollbestimmungen unter Druck. Die Rohstoffbeschaffung drohte massiv erschwert zu werden. Dank der Unterstützung der Zürcher Handelskammer gelang es, eine pragmatische Lösung zu finden. Dr. Catherine Cunin, seit 2016 CEO bei Blattmann, gibt Auskunft zu den aktuellen Ereignissen und erläutert, wie das Unternehmen daran ist, sich an die neue Ausgangslage anzupassen und wie sich aus der Notsituation neue Möglichkeiten eröffnet haben.
Die Anpassung der seit 1959 geltenden Zollbestimmungen bedrohte die Blattmann Schweiz AG erheblich. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, stellte Blattmann einen Antrag auf Zollbegünstigung für Weizen- und Dinkelmehl. Die Zürcher Handelskammer unterstützte diesen Antrag mit grossem Engagement. Unter anderem dank der gemeinsamen Anstrengungen genehmigte Bundesrätin Karin Keller-Sutter den Antrag, so dass die Blattmann Schweiz AG seit dem 1. August 2024 Dinkel- und Weizenmehl zu wettbewerbsfähigen Preisen aus dem Ausland beziehen kann.
Die Firma Blattmann Schweiz AG, gegründet 1856 mit Sitz in Wädenswil am Zürichsee, ist ein bedeutender Hersteller von natürlichen Lebensmittelzutaten wie Glukosesirup, Weizenstärke, Dextrine und pflanzliche Proteine. Mit rund 60 Arbeitsplätzen ist Blattmann ein wichtiger Arbeitgeber in der Region Wädenswil. Das Unternehmen verarbeitet jährlich bis zu 20’000 Tonnen Mehl für rund 400 B2B-Kunden.
«Seit der Gründung des Unternehmens hat die Verarbeitung von Stärke aus Mehl im Mittelpunkt unseres Geschäftsmodells gestanden», führt Catherine Cunin aus. Diese Tradition setze die Firma Blattmann bis heute fort. Als einziger Schweizer Stärkeproduzent decke die Blattmann Schweiz AG rund 50 % des inländischen Bedarfs. «Das tönt nach viel, ist im europäischen Vergleich aber wenig», erläutert Catherine Cunin und fährt fort: «Ein durchschnittliches Werk benötigt für die Herstellung dieser Menge rund zwei Wochen». Um den Hintergrund zu verstehen, müsse man wissen, dass sich die Rahmenbedingungen für die Produktion von Stärke in Europa signifikant von jenen in der Schweiz unterscheiden. Das liegt laut Catherine Cunin daran, dass die betreffenden Produkte in Europa dem Agrarschutz unterlägen. «Das bedeutet, dass Drittstaaten, also auch die Schweiz, nur unter hohen Zollsätzen, die etwa ein Drittel des Verkaufspreises ausmachen, in die EU exportieren dürfen.» In der Schweiz existiere dieser hohe Schutz nicht. Ein spezielles Zollabkommen habe es bisher ermöglicht, diese Herausforderung zu mindern, indem Schweizer Mühlen Weizen aus dem Ausland importiert, einen Teil davon für Blattmann verarbeitet und den Rest als Mehl in der Schweiz verkauft haben. Im Dezember 2023 wurde dies abgeschafft. «Es liegt auf der Hand, dass wir vor diesem Hintergrund die Strategien und Prozesse grundlegend überdenken mussten». Diese grundlegende Systemänderung habe das agile Traditionsunternehmen gezwungen, eine neue Beschaffungsstrategie zu entwickeln. Eine grosse Herausforderung, die man bei Blattmann aber angenommen habe. Heute sei Blattmann nicht mehr nur auf Schweizer Mühlen angewiesen und könne die Rohstoffe weltweit einkaufen. «Diese Veränderung ermöglicht uns, einen breiteren Zugang zu Mehllieferanten zu erhalten. Dadurch haben wir eine bessere Liefersicherheit und mehr Wettbewerbsfähigkeit im Markt, was für Blattmann Schweiz AG entscheidend ist», meint Catherine Cunin.
Das Sprichwort «Not macht erfinderisch» hat in der Tat einen Wahrheitsgehalt, sagt Catherine Cunin, und sie lächelt, als sie auf die jüngsten Entwicklungen bei der Blattmann Schweiz AG angesprochen wird. Die CEO erzählt, dass diese Herausforderungen beim Traditionsunternehmen eine umfassende Transformation eingeleitet hätten, die über das genannte Beispiel hinausgehe. «Unser Fokus liegt jetzt darauf, innovative Ansätze zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen zu entwickeln und Nebenströme der Lebensmittelproduktion wieder aufzuwerten.» Als Beispiel führt Catherine Cunin aus, dass neue Technologien eingeführt werden, die es ermöglichen, Nebenströme aus der Herstellung von Erbsenprotein zu verarbeiten. «Während der Verwertungsgrad zuvor lediglich bei 21 % lag, könnte dieser durch unsere Innovationen auf bis zu 90 % erhöht werden.»
Künftig wolle das Unternehmen den bereits jetzt starken Fokus auf Regionalität und Nachhaltigkeit ausbauen. «Mit der Verarbeitung von IP Suisse Mehl ermöglichen wir den Bäckereien Brote aus 100 % Schweizer Herkunft zu produzieren. Dadurch können wir auch regionale Spezialitäten unterstützen». Auch der Übergang von tierischen zu pflanzlichen Lebensmitteln und die nachhaltige Verwertung von Nebenströmen, wie die Herstellung von hochproteinhaltigem Biertreber oder Erbsenproteinkonzentraten aus Nebenströmen, seien zentrale Elemente der Strategie des Unternehmens.
Angesprochen auf die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts Zürich für das Unternehmen und die Rolle der Zürcher Handelskammer hält Catherine Cunin fest, dass man bei der Blattmann Schweiz AG stolz darauf sei, seinen Sitz am Zürichsee zu haben. «Wir sehen das als Verpflichtung, die bestehenden Rahmenbedingungen bestmöglich zu nutzen, um weiterhin hier tätig zu sein.». Die aktuellen Ereignisse mit der Anpassung der Zollbestimmungen zeigten, wie wichtig der sorgfältige Umgang mit den Rahmenbedingungen für Unternehmen in der Schweiz sein können. Es sei erfreulich, dass man eine Lösung gefunden habe. «Die enge Zusammenarbeit mit der Zürcher Handelskammer hat sich dabei als äusserst wertvoll erwiesen.» Wie seit jeher wolle die Blattmann Schweiz AG einen Beitrag zum Wirtschaftsstandort leisten, dies verstehe man als Verpflichtung. Unter anderem sei das Engagement für Regionalität und Nachhaltigkeit, wie durch die Nutzung von Nebenströmen und die Teilnahme an Initiativen wie dem «FoodHUB» Wädenswil, ein Beleg dafür. «Wir sind bereit, die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Zürich und der Schweiz aktiv mitzugestalten und weiterhin eine führende Rolle im Bereich natürlicher und nachhaltiger Lebensmittelzutaten einzunehmen».