Kommentar von Raphaël Tschanz, Direktor Zürcher Handelskammer
Am 9. Juni stehen mit dem Stromgesetz und der Prämienentlastungs-Initiative zwei einschneidende Vorlagen von gesamtwirtschaftlichem Interesse auf eidg. Ebene zur Abstimmung. Die Zürcher Handelskammer plädiert für eine nachhaltige und finanziell tragbare Politik.
Mit dem Stromgesetz kommt eine Vorlage zur Stärkung der Versorgungssicherheit vor das Volk. Die Verwerfungen am Strommarkt als Folge des Kriegs in der Ukraine haben deutlich gezeigt, dass die Schweiz ein strukturelles Versorgungsproblem hat: Während im Sommer überschüssiger Strom exportiert wird, ist unser Land im Winter auf Strom- und Energieimporte angewiesen. In einem breit abgestützten Kompromiss hat das Parlament im Herbst 2023 die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um die inländische Stromversorgung mit erneuerbaren Energien auszubauen. Das Gesetz dient somit der Energieversorgungssicherheit und schafft die Voraussetzung, um die Abhängigkeit der Schweiz von Importen insbesondere in den Wintermonaten zu reduzieren.
Die Prämienentlastungs-Initiative sieht ihrerseits einen radikalen Ausbau der Prämienverbilligungen vor: Die Krankenkassenprämien sollen neu maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens ausmachen. Der Rest soll durch Prämienverbilligungen bezahlt werden. Die Kosten von jährlich bis zu 12 Milliarden Franken – Tendenz steigend – würde zu zwei Dritteln der Bund tragen. Was die Initiative nicht verrät, ist, wie das Anliegen finanziert werden soll. Eine Mehrwertsteuererhöhung von über 2% ist ein wahrscheinliches Szenario.
Die Initiative unternimmt nichts gegen steigende Gesundheitskosten, sondern setzt vielmehr negative Anreize: Weil die Kosten gedeckelt sind, kann dies zu Überkonsum führen. Arbeitnehmende könnten zudem dazu verleitet sein, ihre Arbeitspensen zu reduzieren, um von der Verbilligung zu profitieren. Leidtragende wären die Menschen und die Kantone mit heute tiefen Gesundheitskosten – wie etwa Zürich. Weil ein höherer Anteil der Verbilligung über den Bund zu finanzieren ist, würden Kantone mit hohen Gesundheitskosten querfinanziert. Bei einem Nein zur Initiative tritt automatisch der indirekte Gegenvorschlag in Kraft. Dieser sieht eine weitere Entlastung für Menschen mit tieferen Einkommen vor. Das ist der richtige Weg.
Die Zürcher Handelskammer empfiehlt deshalb, am 9. Juni ein Ja zum Stromgesetz und ein Nein zur Prämienentlastungs-Initiative.