Seit der Einführung der obligatorischen Krankenversicherung vor gut 20 Jahren haben sich die durchschnittlichen Kosten der Krankenkassenprämien mehr als verdoppelt. Zudem können im Kanton Zürich die Krankenkassenprämien nur teilweise von den Steuern abgezogen werden. Die kantonale SVP will mit einer Volksinitiative Abhilfe schaffen. Der Regierungsrat sowie der Kantonsrat sprechen sich gegen den Vorstoss aus.
Inhalt der Volksinitiative
Die von der SVP eingereichte kantonale Volksinitiative "Gerechtigkeit schaffen – Krankenkassen-Prämienabzug der Realität anpassen (Gerechtigkeitsinitiative)" verlangt eine Erhöhung des maximalen Abzugs für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien für in ungetrennter Ehe lebende Steuerpflichtige um 2000 Franken von 5200 auf 7200 Franken, für Alleinstehende um 1000 Franken von 2600 auf 3600 Franken und für jedes Kind oder jede unterstützungsbedürftige Person um 200 Franken von 1300 auf 1500 Franken. Zudem sollen die Höchstbeträge auf Beginn jeder Steuerfussperiode an die Entwicklung der Durchschnittsprämien der obligatorischen Krankenversicherung angepasst werden.
Inhalt des Gegenvorschlages des Regierungsrates
Der Zürcher Regierungsrat anerkennt, dass die Krankenkassenprämien in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind – auch deutlich stärker als die Teuerung. Zudem gewähren heute einige Kantone einen höheren Abzug für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien als Zürich. Eine Erhöhung des allgemeinen Abzugs für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien, wie sie die Initiative fordert, würde gemäss dem Regierungsrat jedoch zu beträchtlichen Ausfällen bei der Einkommenssteuer von rund 3,6 Prozent bzw. rund 150 Mio. Franken (bezogen auf das Budget 2021) führen. Ausfälle in der gleichen Grössenordnung (rund 150 Mio. Franken) wären bei den Einkommenssteuern der Gemeinden zu erwarten. Wenn die Krankenkassenprämien auch künftig deutlich stärker ansteigen als die Teuerung, werden die Ausfälle noch grösser. Deswegen hat der Regierungsrat der Initiative einen direkten Gegenvorschlag gegenübergestellt. Mit diesem würde der Maximalabzug für Ledige von 2600 auf 2900 Franken und für Verheiratete vom 5200 auf 5800 Franken steigen. Auf eine Erhöhung des Abzugs für Kinder soll hingegen verzichtet werden.
Schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis der Initiative
Die Zürcher Handelskammer lehnt die Gerechtigkeitsinitiative ab. Zwar nimmt der Vorstoss eine berechtigte Sorge der Bevölkerung auf: Die Gesundheitskosten sind sehr hoch und steigen weiter an. Ebenfalls positiv zu werten ist, dass mit der Initiative die Steuern für Privatpersonen sinken würden. Im interkantonalen Vergleich ist der Wohnstandort Zürich gerade bei hohen und sehr hohen Einkommen unattraktiv. Der Grund dafür ist insbesondere die kantonale Steuerprogression. Die ZHK setzt sich seit jeher für attraktive steuerliche Rahmenbedingungen für Privatpersonen und Unternehmen ein – eine Anpassung des Steuersystems ist deswegen grundsätzlich begrüssenswert. Doch stimmt bei dieser Initiative das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht. Vergleicht man die Kosten mit der Ersparnis für jeden Einzelnen ist der Effekt klein. Die Steuerentlastung würde gemäss Modellrechnung der Finanzdirektion jährlich zwischen 209 für Alleinstehende und 442 Franken für ein Ehepaar mit zwei Kindern betragen. Diese Steuererleichterung würde dem Trend nichts entgegensetzen, dass Personen mit hohem und sehr hohem Einkommen sich eher in den Nachbarkantonen niederlassen.
Steigende Gesundheitskosten bremsen
Mit der Initiative werden nicht die Ursachen der steigenden Gesundheitskosten bekämpft, sondern deren Auswirkungen ein wenig abgefedert. Aus Sicht der ZHK ist es jedoch unumgänglich, dass auch auf der Kostenseite angesetzt wird. Die Qualität der medizinischen Versorgung ist zweifelsohne sehr hoch, doch der Preis dafür steigt stetig an und belastet schlussendlich die Bevölkerung übermässig stark. Um dieses Problem zu lösen und das Ziel von tieferen Krankenkassenprämien zu erreichen, sind andere Lösungen gefragt. Dazu zählen etwa der Abbau von Bürokratie in Spitälern und Arztpraxen oder die Behebung von Fehlanreizen bei der Leistungserbringung mit Hilfe einer einheitlichen Finanzierung.
Beurteilung des Gegenvorschlages
Die steigenden Gesundheitskosten vermag auch der Gegenvorschlag des Regierungsrates nicht zu bremsen. Positiv beurteilt die ZHK jedoch die geringeren Kosten für Kanton und Gemeinden gegenüber der Gerechtigkeitsinitiative. Der Gegen-vorschlag würde nach einer Schätzung des kantonalen Steueramtes für den Kanton zu Ausfällen bei den Einkommenssteuererträgen von rund 1,1 Prozent bzw. rund 45 Mio. Franken (bezogen auf das Budget 2021) führen. Ausfälle in der gleichen Grössenordnung (rund 45 Mio. Franken) wären bei den Einkommenssteuern der Gemeinden zu erwarten. Mit den erhöhten Abzügen der Krankenkassenprämien würde sich der Kanton Zürich auch den Nachbarkantonen annähern, welche heute teilweise viel höhere maximale Abzüge kennen. Gerade für ein Ehepaar mit zwei Kindern wäre der maximale Abzug von 8400 Franken – bei Annahme des Gegenvorschlages – im interkantonalen Vergleich ziemlich hoch. Die ZHK unterstützt aus diesen Gründen den Gegenvorschlag.