Europas Biotech-Firmen verlieren an Boden

Zürich/Paris - Coface sieht das europäische und somit auch das Schweizer Biotech-Ökosystem weiter hinter das der USA zurückfallen. Gleichzeitig etabliert sich China als starker Konkurrent. In Europa müsse Forschung besser in industrielle Anwendungen umgesetzt und mehr Risikokapital mobilisiert werden.

Coface konstatiert im Rahmen einer Analyse, dass sich der Rückstand des europäischen und Schweizer Biotech-Ökosystems auf den historischen Konkurrenten USA, aber auch auf die aufstrebende chinesische Biotechnologie-Industrie vergrössert. Fachleute des Kreditversicherers und Risikomanagers kommen dabei zu dem Schluss, dass Europa nicht bei der Produktion von Wissen, sondern vor allem bei der Umsetzung dieses Wissens in industrielle Projekte ins Hintertreffen gerät.

Innerhalb Europas konzentrieren sich die Biotech-Cluster auf die Schweiz und Grossbritannien. Fast ein Drittel (91 von 310) aller Veröffentlichungen von europäischen Forschenden in den wichtigen wissenschaftlichen Journalen entfallen auf Autorinnen und Autoren aus der Schweiz und Grossbritannien, also auf Länder ausserhalb der EU. Dies wirft laut Coface Fragen nach der Robustheit der europäischen Grundlagenforschung auf. Zudem erhalten Firmen in Grossbritannien und der Schweiz mehr als 80 Prozent aller europäischen Investitionen in Biotech.

Typischerweise findet europäische Biotech-Innovation in kleinen Biotech-Unternehmen statt. Deren grösste Herausforderung besteht gemäss der Coface-Analyse darin, Finanzierungen für die klinischen Phasen I und II zu finden, wenn die Rentabilität noch schwer abzuschätzen ist. Doch auf die Phase I entfallen in Europa nur 30 Prozent der Finanzierungen, während es in den USA 56 Prozent sind. Überhaupt geht der weltweite Löwenanteil aller Investitionen in Biotech in die USA. Dort vergrössere die Symbiose aus Universitäten, Forschungszentren, Finanzierungseinrichtungen, privaten Risikokapitalgebern, Vermittlern klinischer Studien und Pharmaproduzenten den Rückstand Europas weiter.

Gleichzeitig, so Coface, hat sich China als starker Konkurrent etabliert. Zudem wirkten sich die Handelsspannungen zwischen China und den USA auch auf das Biotech-Segment aus.

Um nicht von dieser Konkurrenz abgehängt zu werden, müsse sich das europäische Biotech-Ökosystem bemühen, mehr Finanzmittel vor allem von europäischen Risikokapitalgebern und Industriepartnern anzuziehen, resümiert Coface. Dies würde die Entwicklung geeigneter Produktionskapazitäten, auch in Zusammenarbeit mit grossen pharmazeutischen Laboren, erleichtern. Letztere verfügten über anerkanntes Fachwissen im Bereich der Arzneimittelentwicklung und über beträchtliche finanzielle Mittel, die es den europäischen Biotech-Unternehmen erleichtern könnten, ihr Wachstum zu fördern. ce/mm

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